Als mein Vater gestorben ist, haben diese Worte mich getröstet

Weil es mit Schmerz verbunden ist, ist der Tod ein heikles Thema. Als mein Vater gestorben ist, habe ich gelernt, wie wichtig Worte sein können und welche Sprüche (meiner Meinung nach) wohlmeinende Menschen sich sparen können.
Am 25. April 2020 ist mein Vater gestorben. Er litt unter Krebs – laut dem Onkologen unter der aggressivsten Art überhaupt – und obwohl ich gut auf seinen Tod vorbereitet war, war es trotzdem für mich ein Schock, als er schließlich weg war.

Einen Elternteil in der Mitte einer Globalpandemie zu verlieren

Es ist nie leicht, einen nahestehenden Menschen zu verlieren, aber in 2020 ist es wie ein Schlag in die Magengrube. Meine Familie lebt in den USA und wegen Corona konnte ich für meinen Vater in seinen letzten Momenten nicht da sein.
Als ich erfahren habe, dass er bald stirbt, dachte ich erst, es wäre ein Segen, dass ich seinen Tod nicht vor Ort erleben muss. Die lange, anstrengende Reise an die Westküste der USA – sowohl körperlich anstrengend als auch emotional - hatte ich schon drei Mal in den letzten sechs Monaten gemacht. Eine vierte Reise, um meinen Vater endlich sterben zu sehen, wäre vielleicht doch zu viel gewesen. Aber an dem Tag als es passierte, habe ich mich wahnsinnig einsam gefühlt. Meine Kinder und mein Mann waren zwar um mich, aber meine Geschwister und meine Mutter waren mehrere tausend Meilen entfernt. Ein letztes Mal konnte ich mit meinem Vater telefonieren, was irgendwie schön aber auch unfassbar traurig war, und das war’s. Er war gerade 68. Nach dem Wochenende seines Todes waren meine Gefühle ziemlich rau. Ich wollte mit niemandem außer meiner Mutter darüber reden, aber irgendwann muss man das Lebensereignis schon ansprechen. Knapp eine Woche danach habe ich Freunde und Bekannte wiedergesehen. Es wäre komisch gewesen, dem Thema aus dem Weg zu gehen.

Was sagt man, um die überlebende Familie zu trösten?

Weil es immer noch ein Tabuthema ist, findet es fast jeder unangenehm, über den Tod zu sprechen. Ich finde es aber immer richtig zu sagen, „Es tut mir leid zu hören, dass deine/n (Beziehung hier hinzufügen) gestorben ist.“ „Es tut mir leid“ heißt nicht, dass ich für den Tod verantwortlich bin, sondern dass ich als Mensch den Verlust nachvollziehen kann, egal ob ich schon die gleiche Erfahrung gemacht habe oder nicht. „Es tut mir leid, dass du gerade leidest. Es tut mir leid, dass du eine wichtige Person verloren hast und dass du diesen tiefen Schmerz jetzt trägst. Auch, wenn ich dein Leiden nicht verringern kann.“ Ein einfaches „Es tut mir Leid“ bedeutet mir viel und zeigt mir eine gewisse Sorgsamkeit.

Was hört man dann eher ungern?

Das ist bestimmt bei jedem anders. Aber für mich ist es am schlimmsten, wenn jemand versucht, die Botschaft einfach ganz überzuspringen. Ich habe E-Mails geschrieben, in denen ich nicht nur den Tod meines Vaters bekannt gegeben sondern auch bessere Nachrichten geteilt habe - und mehr als einmal habe ich eine Antwort bekommen wie „Ja, cool!“ oder „Gratuliere!“ Ich glaube nicht ernsthaft, dass jemand mir zum Tod meines Papas gratulieren will, aber trotzdem frage ich mich, ob es so schwer sein kann, ein Trostwort fallen zu lassen. Ich glaube viele wissen einfach nicht, wie sie reagieren sollen und haben auch Angst, das Falsche zu sagen. Was für mich eher hohl wirkt sind die Sprüche, die man auf jeder Beileidskarte sieht. „Mein herzliches Beileid“ sagt mir nicht viel, wahrscheinlich weil man ihn nur auspackt, wenn jemand gestorben ist. Die englische Variante „My condolences“ mag ich auch nicht, weil sie eben auch nur ein Grußkartenspruch ist. Der ist zwar besser als nichts, aber irgendwann hat man diesen Satz einfach zu oft gehört. Noch schlimmer ist aber das „Ich kann es mir gar nicht vorstellen, wie das sich anfühlt“ oder ähnliches. Den Spruch habe ich selbst auch schon gesagt -  aber jetzt weiß ich, wie blöd das klingt. „Na schön für dich, dass du es dir nicht vorstellen kannst“ denke ich mir. Obwohl ich verstehe, dass es als Trost gemeint ist.

Schöne Erinnerungen über den Gestorbenen teilen

Das schönste und das, was mir am meisten geholfen hat, ist das Teilen von schönen Erinnerungen von meinem Vater. Eine liebe Freundin von mir hat mich zum Beispiel an die Zeit erinnert, als sie meinen Vater kennenlernte. Wir waren alle zufällig zur gleichen Zeit in Venedig und saßen an einem regnerischen Tag in der Nähe von Piaza San Marco in einer touristischen Eisdiele. Sie hat ein lebendiges Gespräch mit ihm geführt und am Ende hat mein Vater die Rechnung bezahlt und sie zum Abschied freundlich umarmt. So eine Geschichte ist ein echtes Geschenk, denn so werde ich am liebsten an meinen Vater denken. Mein Vater war kein perfekter Mensch, aber herzlich und großzügig war er schon.

Wir können unseren Schmerz teilen

Ich bin natürlich nicht die einzige, die dieses Jahr ein Familienmitglied verloren hat oder verlieren wird. Zu allen anderen, die auch in meinen Schuhen stecken, würde ich euch gerne sagen: „Es tut mir leid, dass wir gerade den gleichen Schmerz tragen. Es tut ganz schön weh, aber wir sind nicht alleine.“ Das ist ein Gedanke, der mich auch oft tröstet. Lassen wir uns unseren Schmerz -  aber auch unsere Liebe teilen. Ich drücke euch aus der Ferne, ganz freundlich, genau wie mein Papa es getan hätte. Ich bin bei euch, egal ob wir uns kennen oder nicht.